ZUSAMMEN MIT UNSERER PARTNERORGANISATION, DER COMMUNITY PSYCHOSOCIAL SUPPORT ORGANISATION (CPSO), NUTZEN WIR EINEN SPORTBASIERTEN ANSATZ, UM GEFLÜCHTETEN SÜDSUDANESISCHEN FRAUEN ZU HELFEN, KRIEGSBEDINGTE TRAUMATA ZU ÜBERWINDEN.

Seit dem Wiederaufflammen des Konflikts im Südsudan im Jahr 2013 wurden über vier Millionen Menschen intern vertrieben oder sind in benachbarte Länder geflohen. Viele flüchteten nach Uganda, darunter auch Teilnehmerinnen des Projekts „Women on the Move“. Gemeinsam mit unserer lokalen Partnerorganisation CPSO hatten wir das Projekt von 2012 bis 2016 im Südsudan durchgeführt und Frauen erfolgreich dabei unterstützt, kriegsbedingte Traumata durch einen sportbasierten Ansatz zu überwinden.

Als die Gewalt in Kajo-Keji, Südsudan, 2016 erneut eskalierte, mussten CPSO und viele Projektteilnehmerinnen das Land verlassen, aber das Projekt lief weiter. Im Palorinya-Flüchtlingslager in Norduganda nahmen ehemalige Teilnehmerinnen die sportlichen Aktivitäten wieder auf. Eine neue Projektphase begann von Grund auf, um migrierten Frauen und Kindern bei der Bewältigung von Gewalt und Traumata zu helfen und gleichzeitig die Lebenskompetenzen, die Lebensgrundlagen und den sozialen Zusammenhalt in den Flüchtlingslagern zu verbessern.

FÖRDERUNG VON LEBENSKOMPETENZEN UND SOZIALEM ZUSAMMENHALT DURCH FUSSBALL

Es ist nicht selbstverständlich, dass vertriebene Frauen am neuen Ort selbst wieder mit dem Fussballspielen beginnen, da es im Südsudan nicht einfach war, sportliche Aktivitäten überhaupt in das Projekt zu integrieren. Eine gründliche Bedarfs- und Kontextanalyse war besonders wichtig, „da dieses Projekt etwas völlig Neues war“, sagt Kenneth Godi, Direktor und Gründer von CPSO.

„Aufgrund kultureller Normen spielten Frauen nicht Fussball. Einige Männer haben nicht akzeptiert, dass ihre Frauen oder Töchter an den Aktivitäten teilnehmen. Also führten wir Fokusgruppendiskussionen auch mit Männern durch und mussten ihnen die Vorteile der sportlichen Aktivitäten für die psychosoziale und physische Gesundheit der Frauen bewusst machen. Erst nach diesen Gesprächen waren die Frauen in der Lage, sich anzumelden und sicher an den Aktivitäten teilzunehmen“.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass viele Trainerinnen und Projektteilnehmerinnen die Möglichkeit, überhaupt Sport zu treiben, als stärkend empfinden:

„FRAUEN DURFTEN NICHT FUSSBALL SPIELEN, DAS WAR ETWAS NEUES, UND DESHALB WAR ES SEHR AUFREGEND, ES ZU TUN, ES WAR EINE ART ERMÄCHTIGUNG FÜR UNS. […] LETZTE WOCHE HABEN WIR GEGEN DIE BEHÖRDEN GESPIELT; SIE HABEN GEGEN UNS VERLOREN. UND AM WELTFLÜCHTLINGSTAG HABEN WIR SIE EBENFALLS BESIEGT.“ (JOSEPHINE, 29 UND NANCY, 32)

Lilian Sharon Jokudo, Programmkoordinatorin der ersten Stunde, ist ebenfalls fester Überzeugung, dass Sport Frauen und Mädchen stärkt, und fügt hinzu, dass dies nicht auf dem Spielfeld endet: „Wenn Frauen Fussball spielen können, können auch Männer die Frauen beim Kochen oder Wasserholen unterstützen.“ Die Überwindung von Geschlechterstereotypen ist eines von vielen Themen in Sensibilisierungsveranstaltungen für die breitere Gemeinschaft, die vertriebene Frauen, Kinder, Jugendliche und Männer einschliesst.

Auf die Sport- und Spielaktivitäten der SA4D folgt immer eine dreistufige Diskussion. Zunächst reflektieren die Teilnehmenden über die Aktivität. Zweitens stellen sie eine Verbindung zwischen der Aktivität und der realen Situationen her. Schliesslich diskutieren sie, wie das Gelernte im wirklichen Leben angewendet werden kann. Die sportlichen Aktivitäten und Spiele sind daher speziell auf die Förderung von Lebenskompetenzen ausgerichtet, von Selbstwertgefühl und wahrgenommener Selbstwirksamkeit bis hin zu effektiver Kommunikation und Problemlösung. Lilian sagt: „Frauen und Mädchen, die anfangs sehr schüchtern waren, wurden aufgeschlossener; sie lernten, Führungsqualitäten zu entwickeln und für sich selbst einzutreten. Sie lernten zum Beispiel, sich besser zu wehren und sich vor Kinderheirat und Schwangerschaften zu schützen. Früher haben die Frauen aufgrund ihrer Kultur Fälle von sexueller Gewalt nicht gemeldet; hier beobachten wir grosse Unterschiede“.

Auch die Gastgemeinde ist gut in die Projektaktivitäten integriert. Die sportlichen Aktivitäten haben nicht nur den sozialen Zusammenhalt zwischen weiblichen Geflüchteten und Mitgliedern der Aufnahmegemeinschaften gefördert, sondern auch zwischen Frauen und Mädchen, die aus verschiedenen Orten des Südsudan stammen. Wie Kenneth erklärt: „Im Südsudan gehörten fast alle Teilnehmerinnen derselben ethnischen Gruppe an. Hier arbeiten wir mit Teilnehmenden aus über zehn Gruppen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund, was manchmal zu Spannungen führen kann. Durch das gemeinsame Spielen lernten die Teilnehmenden, die Kultur des jeweils anderen zu respektieren. Die sportlichen Aktivitäten förderten den Zusammenhalt. Heute sehen wir ugandische und südsudanesische Frauen und Mädchen aus unterschiedlichen Ethnien friedlich zusammen Fussball spielen. Sie spielen zusammen, als ob sie Schwestern wären“.

Interne Projektevaluierungen bestätigten die allgemeine Zunahme der Verfügbarkeit und Qualität sozialer Netzwerke durch die Fußballaktivitäten, was zum allgemeinen Projektziel der Verbesserung des psychosozialen Wohlbefindens und der Bewältigungsfähigkeiten beitrug.

GANZHEITLICHER ANSATZ UND LOKALE VERANKERUNG

Der Vorteil von CPSO ist, dass die Organisation von den Geflüchteten selbst geleitet wird. Die Projektleiter:innen und die meist weiblichen Trainer:innen wissen, was es bedeutet, alles zurückzulassen – viele von ihnen sind leider nicht zum ersten Mal auf der Flucht. Psychologische Fähigkeiten und Trauma-Sensibilität in den Sportstunden sind wichtig, ebenso wie die Koordination mit den Camps und allen relevanten Akteuren.

Ein ganzheitlicher Ansatz war ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Vertriebene Mädchen können unter Traumata, geschlechtsspezifischer Gewalt, Armut und vielem mehr leiden, „daher ist es notwendig, in mehreren Bereichen gleichzeitig zu arbeiten“, sagt Kenneth. Sport und Spiel zur Förderung von Lebenskompetenzen stehen zwar im Mittelpunkt des Projekts, werden aber ergänzt durch fortgeschrittene Beratung für Teilnehmer:innen mit besonders schwereren Traumata und Sitzungen zur Sensibilisierung für verschiedene Themen, von psychischem Wohlbefinden und sexueller und reproduktiver Gesundheit bis hin zu Gewaltprävention und Konfliktbewältigung für die breitere Gemeinschaft (einschliesslich Männer).

Das Projekt bekämpft die Armut auch durch Spargruppen, die es Frauen und Mädchen ermöglichen, kleine einkommensschaffende Massnahmen zu ergreifen: „Es liegt auf der Hand, dass ein Leben in Armut ohne Zugang zu Finanzmitteln, Einkommen oder (Berufs-)Bildung negative Folgen auf die eigene Gesundheit hat, insbesondere für junge Menschen“, sagt Kenneth.

Das sozio-politische Umfeld gibt der jungen Generation etwas Hoffnung. Trotz der anhaltenden Flucht von Geflüchteten nach Uganda haben andere begonnen, in sicherere Regionen ihres Heimatlandes zurückzukehren. Die Lebensbedingungen im Südsudan sind jedoch nach wie vor äusserst schwierig und mit denen in den Flüchtlingslagern vergleichbar oder sogar noch schlimmer. Schulen und Gesundheitseinrichtungen sind zerstört, Traumata, Arbeitslosigkeit und Armut sind weit verbreitet. Vor diesem Hintergrund haben SA4D und CPSO gerade eine neue Projektphase eingeleitet, in der junge (überwiegend weibliche) Geflüchtete durch Sport und Spiel in ihren Kompetenzen zur Förderungen ihrer Gesundheit, Bildung und Beschäftigungsmöglichkeiten unterstützt werden.

Dieser Artikel wurde in der englischen Originalfassung auf sportanddev im Rahmen der Partnerschaft mit dem UNHCR, dem UN-Flüchtlingshilfswerk, veröffentlicht. Weitere Informationen über den Einsatz von Sport in der Arbeit mit Geflüchteten finden Sie auf der Website des UNHCR.