Zack Okong’o ist 23 Jahre alt, ausgebildeter Fitnesstrainer und als erfolgreicher Basketballspieler aktiv. Der Urbanistikstudent ist Coach von emPower my life!. Im Interview schildert Zack, wie er Sport und Spiel nutzt, um Kindern Inhalte zu vermitteln, die weit über den Sport hinausgehen.

Zack, das dritte und letzte Camp von emPower my life! ist vorbei. Wie ist es euch ergangen?

Die Kinder haben sehr aktiv mitgemacht und zusammengearbeitet. Insbesondere im letzten Camp ist mir aufgefallen, wie sie sich öffnen. Sie haben mitdiskutiert und ihre Sichtweise selbstbewusst eingebracht. Das war ein gutes Erlebnis.

Du würdest also sagen, dass es eine Entwicklung gegeben hat über die Camps hinweg?

Ja, es ist uns gelungen, Kontinuität zu schaffen, was die Teilnehmenden angeht. Das hat eine gute Dynamik gegeben. Die Kinder kommen vor allem auch gerne zu emPower my life!, um zu spielen. Auch dass sie regelmässig Essen erhalten, ist für sie nicht selbstverständlich. Aber dieses Mal konnte ich eine Veränderung wahrnehmen. Insbesondere die älteren Kinder haben gemerkt, dass sie etwas Wertvolles lernen. Das hat ihnen Spass gemacht.

emPower my life! zeigt Kindern auf, was sexuelle Gewalt ist und wie sie sich und andere davor schützen. Wie gelingt es, mittels Sport und Spiel ein solch ernstes Thema anzugehen?

Es ist nicht immer einfach. Kinder in diesem Alter haben einfach Freude, sich zu bewegen. Manchmal werden sie übermütig, hüpfen herum. Da ist es eine Herausforderung, die Aufmerksamkeit der Kinder zu gewinnen.

Da braucht es wohl ein ausgeklügeltes Rezept?

Ja, genau. Ganz wichtig ist, die Kinder einzubeziehen und nicht Befehle auszuteilen. Und das Schöne ist, wenn du enthusiastisch und mit Energie an eine Sache herangehst, dann ziehen sie mit. Sport und Spiel ist eine wirksame Herangehensweise, weil die Kinder sich richtig reingeben. Durch Spiele kann ich Situationen schaffen, in denen die Kinder am eigenen Leib erfahren, wie sich beispielsweise ein Stigma anfühlt.

Wie muss ich mir das konkret vorstellen?

Ein Spiel, das wir oft einsetzen ist «Huddle Together». Es ist auch im Handbuch. (Jedem Kind wird ein Symbol auf die Stirn gezeichnet, von dem es selbst nicht weiss. Dies kann entweder eine Mango, eine Orange oder eine andere Frucht sein aber auch «HIV+». Auf ein Signal hin müssen sich die Kinder in Gruppen einer bestimmten Grösse zusammenfinden, jedoch nicht mit Kindern, die als «HIV+» markiert sind. Anm. d. Red.) Nach dem Spiel frage ich die Kinder, wie es sich angefühlt hat, «HIV+» zu sein. Und sie sagen: ‹Oh, das war schrecklich! Ich fühlte mich ausgestossen!› So lernen die Kinder nicht nur intellektuell, was ein Stigma ist. Sie fühlen, was ein Stigma bewirken kann. Aus solche Spielen entstehen jeweils spannende Diskussionen. Das sind Schlüsselmomente, wenn die Kinder plötzlich die Verbindung zu Erfahrungen in ihrem Alltag machen.

Gerade wenn es um sexuelle Gewalt geht, sind Gender und Geschlechterrollen ein wichtiges Anliegen. Wie sprichst du solche Themen an? Und wie stellst du beispielsweise sicher, dass Mädchen und Jungen zusammen spielen?

Ehrlich gesagt ist das einer der schwierigsten Aspekte im Camp. Und ich würde nicht sagen, dass ich in dieser Hinsicht zu 100 Prozent erfolgreich war. Es ist schwierig, die Mauer niederzureissen und die Jungen und Mädchen dazu zu bringen, mit dem anderen Geschlecht vorbehaltlos zusammenzuspielen. Ich beginne meist damit zu betonen, dass im Camp alle Kinder gleich sind. Und dass alle mitmachen und alle mit allen spielen. Ich erkläre ihnen, dass sie in den Spielen nur gewinnen und wirklich etwas lernen, wenn sie zusammenarbeiten. Ausserdem spielen wir genderspezifische Spiele. Dabei hinterfragen die Kinder Geschlechterrollen in der Gesellschaft. So beginnen sie zu verstehen, dass sie alles machen können, unabhängig von ihrem Geschlecht. Was auch sehr gut funktioniert hat: die Kinder einfach spielen zu lassen mit minimalen Anweisungen, damit niemand gehänselt wird oder sich verletzt. Ich lasse sie einfach Kinder sein. So entsteht eine besondere Gruppendynamik. Sie lernen sich besser kennen und nennen sich beim Namen. Wenn sie interagieren, kommunizieren sie besser miteinander. Das hilft.

Hast du weitere Prinzipien oder Leitlinien, die dich in deiner Arbeit als Coach begleiten?

Etwas vom wichtigsten für mich ist, ein Vorbild für die Kinder zu sein. Ich möchte ihnen zeigen, dass sie mir vertrauen können. Wenn sie sich auf mich verlassen können, dann sind Dinge wie Fairplay für sie eine Selbstverständlichkeit und ich kann auch über Dinge wie Geschlechterrollen mit ihnen sprechen.

Wenn du auf das Jahr und die drei Camps zurückblickst, was sind für dich die bleibenden Eindrücke?

Nach dem letzten Camp kam die Mutter einer Teilnehmerin zu mir. Ihre Tochter habe ihr erzählt, dass jemand sie sexuell belästigt habe. Die Mutter kam zu mir aus Dankbarkeit. Sie hat gemerkt, dass das Camp ihre Tochter dazu gebracht hat, zu realisieren, dass sie ein Opfer von Missbrauch ist. Denn das ist ein grundlegendes Problem. Die Kinder kennen die Grenze gar nicht. Sie können nicht bestimmen, wann jemand ihre Intimsphäre verletzt. Sie können sexuelle Gewalt nicht benennen. Das hat mir die Augen geöffnet. Ich merkte, was für eine wertvolle Arbeit emPower my life! macht.

Hast du schon oft solche sport- und spielbasierten Kurse geleitet?

Als Sporttrainer habe ich schon viele Kurse geleitet, aber mit emPower my life! habe ich das erste Mal auf diese Weise unterrichtet. Das hat auch mir Spass gemacht. Ich habe gemerkt wie sehr sich Sport eignet, Inhalte zu vermitteln, die über den Sport hinausgehen. Und es hat mich auch selbst ganz anders mit Themen auseinandersetzen lassen. Ich bin wirklich froh, dass ich Teil von emPower my life! sein konnte.

Das Interview mit Zack Okong’o führte Nadia Lanfranchi.