DIE KRISE RUND UM DIE COVID-19-PANDEMIE SPITZT SICH WEITER ZU. DIE AUSWIRKUNGEN TREFFEN ALLE. UNBESTRITTEN TREFFEN DIE GESELLSCHAFTLICHEN UND WIRTSCHAFTLICHEN FOLGEN JENE MENSCHEN AM HÄRTESTEN, DIE OHNEHIN SCHON AM STÄRKSTEN BENACHTEILIGT SIND.

Trotz unsicheren Zeiten haben wir unsere Vision einer Welt, in der benachteiligte Kinder und Jugendliche weltweit zu engagierten, gesunden, gebildeten und erwerbstätigen Mitgliedern der Gesellschaft heranwachsen, fest im Blick. Vor einigen Monaten haben wir über unsere Antwort auf COVID-19 berichtet. Mit Unterstützungsstrategien und Soforthilfemassnahmen wie der Versorgung mit Wasser und Seife, Bereitstellen von Desinfektionsmitteln, Schutzmasken und anderen Hygieneprodukten, konnten wir unseren Partnern vor Ort in Uganda, Papua-Neuguinea, Bangladesch, Myanmar, Simbabwe und Kolumbien bei den Herausforderungen der Krise helfen.

Doch auch nach der Soforthilfe und der Umsetzung von Schutzmassnahmen in allen Projekten gab es viel zu tun. Der weitere Projektverlauf war und ist von der jeweiligen Lage vor Ort abhängig. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle: durch den Pandemieverlauf bestimmte Vorgaben von Behörden vor Ort, die Vereinbarkeit von Projektaktivitäten mit Social Distancing und Lockdowns, Verschiebungen von geplanten Aktivitäten, vorhandene Infrastruktur. So sind zum Beispiel vielerorts konzeptionelle Arbeiten möglich, während Trainings und Workshops stärker eingeschränkt sind oder adaptiert werden mussten.

VERSCHIEDENE LÄNDER, VERSCHIEDENE MASSNAHMEN, ÄHNLICHE HERAUSFORDERUNGEN

Trotz globaler Unterschiede betreffend Umsetzung und Reichweite von Massnahmen sind gemäss UNESCO fast alle Länder von Schulschliessungen aufgrund der Covid-19-Pandemie betroffen. 1.6 Milliarden Lernende konnten oder können nicht zur Schule. In Papua-Neuguinea zum Beispiel, wo wir in Zusammenarbeit mit City Mission, einer lokalen Nonprofit-Organisation, Jugendlichen durch Berufsbildung und unternehmerische Grundbildung neue Zukunftsperspektiven bieten, wurden alle Schulen und Ausbildungsstätten für rund drei Monate geschlossen. Die gesamte Bevölkerung wurde davon hart getroffen. Bestehende Herausforderungen verschärfen sich. Unsere Projektaktivitäten wurden auf Eis gelegt, Alternativen, wie beispielsweise Online-Unterricht, waren wegen der fehlenden Infrastruktur nicht möglich. Mit Schutzkonzepten wie Händehygiene, Maskentragen und Abstand halten konnten die Trainings jedoch mit einer kleineren Anzahl Teilnehmenden langsam wieder aufgenommen werden. Das Projekt steht nun kurz vor Abschluss, der Austausch mit City Mission ist besonders eng, denn eine abschliessende Projektreise für Monitoring und Evaluation wird allem Anschein nach in naher Zukunft nicht möglich sein.

Aufgrund der Pandemie wurde zudem in weiten Teilen Afrikas ein Anstieg von Teenager-Schwangerschaften verzeichnet (Quelle: World Vision). Diese werden mit den Schulschliessungen, fehlender Aufklärung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Ausgangssperren in Zusammenhang gebracht. Besonders verletzlich sind Mädchen aus wirtschaftlich benachteiligten Haushalten. Bereits die Ebola-Krise hat gezeigt, dass in solchen Zeiten (sexuelle) Gewalt, Kinderheiraten oder Schulabbrüche von Mädchen signifikant zunehmen. Auch wegfallende Schulmahlzeiten während Schulschliessungen stellen ein Problem dar, denn sie tragen einen wesentlichen Beitrag zur Ernährung vieler Kinder bei. Auch unser Projekt in Simbabwe, wo wir Mädchen und jungen Frauen durch Bildung, psychosozialer Unterstützung und Vermittlung ökologischer Landwirtschaft eine nachhaltige Zukunft ermöglichen wollen, ist davon betroffen.

MEHR ALS NUR SOFORTHILFE

Dank unserem Ansatz der Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen konnten wir in allen Projekten kurzfristige Hilfsmassnahmen umsetzen. Dabei besonders wichtig für die nachhaltige Umsetzung der Projekte: Soforthilfe darf nicht auf Kosten zukünftiger Investitionen in langfristige Entwicklung geschehen. Unser Ziel ist es, nicht in der humanitären Direkthilfe zu verharren, sondern von Anfang an Kapazitäten zur Krisenbewältigung zu fördern und auf eine langfristig krisenresistentere Entwicklung von Institutionen und Systemen hinzuarbeiten (Stichworte «humanitarian-development nexus», «build back better»). Nur so können wir nachhaltige Veränderung bewirken.

PROJEKTE LEITEN OHNE ZU REISEN. GEHT DAS?

Normalerweise reisen unsere Projektleitenden rund zweimal jährlich ins Projektland um sich einen Überblick vor Ort zu verschaffen, sich mit der Partnerorganisation zu treffen, Workshops zu leiten. Nun fallen diese Reisen pandemiebedingt weg. Eine grosse Herausforderung, der mit viel Kreativität und Geduld begegnet wird. Die Digitalisierung trägt dazu bei, dass überall dort, wo die Internet-Intrastruktur gegeben ist, Workshops und Trainings in angepasster Form durchgeführt werden können. Für laufende Projekte im 2. und 3. Projektjahr ist das nicht die gleiche Herausforderung wie für eben erst gestartete Projekte, wo Projektbesuche besonders entscheidend sind für den weiteren Verlauf. Doch auch da bleiben wir am Ball: Whatsapp-Anrufe, E-Mail-Präsentationen und virtuelle Kurzschulungen, oder kurzerhand für einige Stunden gemietete Schulräume mit Internetanschluss für eine Weiterbildung, halten die Projektleitenden in der Schweiz auf Trab und die Projekte auf Kurs. Sofern kein Stromausfall dazwischen kommt…

WIR AGIEREN

Die Covid-19-Pandemie verschärft die Ungleichheiten weltweit. Eine schnelle Besserung ist nicht in Sicht. Erste Projektreisen werden deshalb – wenn überhaupt – erst im zweiten Halbjahr 2021 wieder möglich sein. Bis dahin werden die Projekte laufend an die globale und lokale COVID-19-Situation angepasst, ohne vom eigentlichen Ziel abzuweichen. Wir bleiben also dran, denn die aktuellen Entwicklungen zeigen uns, dass unsere Arbeit relevanter ist als je zuvor.